Support-Künstler zu sein ist eine undankbare Aufgabe. Da rackert man sich ab vor einem mäßig interessierten, quatschenden Publikum, das gekommen ist, um jemand anderen zu sehen – alles in der Hoffnung, ein paar Leute für sich zu begeistern, dass sie die Musik kaufen oder auf eins der späteren Konzerte gehen. Bisher hat das bei mir noch nie geklappt. Aber als Wallis Bird vor ein paar Monaten im Vorprogramm von Emilíana Torrini derart energisch das Huxley’s bespielte, habe ich innerlich versprochen, nach ihr Ausschau zu halten. Und heute löste ich dieses Versprechen im Postbahnhof ein.
Bereits beim Support zeichnete sich ein Motiv ab, das auch den Rest des Abends durchziehen wird: das vielleicht kitschige, aber gelegentlich auch mal ganz wohltuende Motto „We are Family“. Denn vor Wallis spielten zwei WG-Mitbewohner auf. Der eine, der schonmal bekundete, dass er die Entstehung des aktuellen Albums Architect seit anderthalb Jahren durch seine dünne Wand begleiten konnte, war optisch irgendwo in den 80ern zu verorten und spielte Gitarrenschrammel- und Mundharmonika-Folk mit röhrigem Gesang. Der andere, nach Selbstauskunft für die Reinigung von Wallis‘ Unterwäsche zuständig, gab ein ruhiges Liebeslied zum Besten. Nach beiden Namen werde ich jetzt nicht künftig in aktuellen Konzertlisten suchen, aber zumindest war es ein sympathischer Einstieg, der einen Einblick in das Leben des Haupt-Acts gab.
Die Musik von Wallis Bird selbst würde ich irgendwo zwischen Folk, Rock und klassischem Singer-Songwriter-Stil verorten, allerdings mit starker Betonung auf Gitarren-Rhythmik. Auf dem aktuellen Album Architect gibt es sogar Ausflüge in elektronische Gefilde – man merkt der gebürtigen Irin an, dass sie mittlerweile ihren Lebensmittelpunkt nach Berlin verlagert hat.
Begleitet wurde sie für das Konzert von einem Bruderpaar an Schlagzeug und Bass, einer Frau am Flügelhorn und dem exaltierten Multiinstrumentalisten Aidan, der mich optisch an Doc Brown aus „Zurück in die Zukuft“ erinnerte. In dieser oder sehr ähnlichen Konstellationen tritt sie bereits seit einigen Jahren auf, wodurch die Band ebenfalls zur oben beschriebenen Familie gezählt werden kann. Unterstrichen wurde das dadurch, dass die Bandmitglieder nicht erst am Ende des Konzerts, sondern bereits beim ersten Song vorgestellt wurden.
Ich bin ja recht wählerisch, was meine Musiksammlung betrifft, und von Wallis Bird würde ich auch nicht jedes Stück darin aufnehmen. Aber es ist nochmal was anderes, etwas live aufgeführt zu erleben, erst Recht wenn man den Musikern anmerkt, dass sie auch Freude daran haben. Und das kann ich für dieses Konzert definitiv bestätigen, alle auf der Bühne strahlten eine mitreißende Leidenschaft aus. Manche Konzerte zeichnen sich dadurch aus, dass die Setlist der Reihe nach runtergespielt wird und sich der Künstler zwischendurch mal pflichtbewusst für den Applaus bedankt. Hier hingegen bestand ein wesentlicher Teil des Konzerts aus dem Dialog mit dem Publikum oder der Künstler auf der Bühne untereinander, die sich gegenseitig Pointen zuspielten und so für eine heitere Stimmung auch zwischen den Songs sorgten.
Fazit
Das Energiebündel mit der wilden Mähne kommt definitiv auf meine Shortlist der Künstler, bei deren nächstem Konzert ich wieder dabei sein werde. Ich bin begeistert.