Massive Attack (Tempodrom)

Konzertkritik: Massive Attack
Price:
38,00 €

Reviewed by:
Rating:
2
On 5. Juli 2014
Last modified:26. Februar 2017

Summary:

Unfinished Sympathy

Das meiste Geld für meine Konzerttickets landet bei Künstlern, die mit ihrer Musik zwar zumeist ein ganz gutes Auskommen haben, aber damit nicht unbedingt stinkreich geworden sind. Für Massive Attack gilt das vermutlich nicht. Es würde mich nicht wundern, wenn die schon von den Tantiemen leben könnten, die jedesmal fällig werden, wenn für einen Beitrag in einem Nachrichten- oder Wissensmagazin ihre Musik verwendet wird. Trotzdem habe ich mich heute im Tempodrom eingefunden, das einige ja für einen Veranstaltungsort für „intime Klubkonzerte“ halten.

Damit aber nicht der falsche Eindruck entsteht: Die Bristoler Kombo gehört zu den ganz wenigen Bands, bei denen mir fast die gesamte Diskografie zusagt. An den üblicherweise sehr getragenen, flächig-bassbetonten Stücken kann ich schwer was aussetzen. Böse Zungen behaupten, dass sie seit Anfang der Neunziger musikalisch auf der Stelle treten, aber warum soll man ein Erfolgsrezept ändern? Immerhin haben sie ihren eigenen Stil geschaffen und werden kopiert, statt es selbst zu tun.

Besonderes Schmankerl ist ihre über die Jahre recht anschauliche Sammlung von Gastvokalisten: darunter der Rapper Tricky, die melancholische Tracey Thorne von Everything but the Girl, Neneh Cherry, Sinéad O’Connor, Damon Albarn von Blur und nicht zu vergessen der Raggae-Sänger Horace Andy, der so oft mit dabei ist, dass man ihn quasi zur Band dazurechnen kann.

Nun kann man sich denken, dass zu einer Tour von Massive Attack nicht dieser ganze Stab mitreist, um dann jeweils für einen einzelnen Song auf der Bühne zu stehen. Insofern war ich gespannt, was die Auswahl der Stücke sowie deren Interpretation betraf. Ohne Vorband ging’s dann auch mit einer halben Stunde Verspätung los.

Das Bühnenbild

Die sehr breit angelegte Bühne war gerahmt von zwei Schlagzeugen, zwischen denen bei den meisten Stücken ein Bassist und ein Gitarrist neben Bandmitbegründer Robert Del Naja an den Samplern zugange waren. Ich war überrascht, wieviel der doch recht elektronisch anmutenden Musik sich mit „normalen“ Instrumenten interpretieren lässt. Bei den Sängern gab es erwartungsgemäß viel Bewegung auf der Bühne, mit am Start waren Martina Topley-Bird, die auf dem letzten Album Heligoland einigen Stücken ihre Stimme lieh, sowie der unvermeidliche Horace Andy.

Hinter den Musikern waren sechs große LED-Bildschirme angebracht, deren Einsatz ich aber reichlich irritierend fand. Über die Bildschirme flackerten je nach Stück verschiedene Textschnipsel, deren Bedeutung und Zusammenhang zum Stück sich mir nicht unbedingt erschlossen hat. Bei einem Stück wurden beispielsweise Worte eingeblendet, die aussahen wie Sucheingaben in Google. Bei einem anderen Stück waren es offenbar tagesaktuelle Schlagzeilen aus deutschen Medien. Was Sätze wie „Ratz! Fatz! Mats!“ oder „Dicke Männer verdienen mehr“ zum tieferen Sinn der dargebotenen Songs beitragen, war aber 2deep4me.

Ich wurde außerdem das Gefühl nicht los, dass mit Ausnahme von Del Naja niemand auf der Bühne mehr als körperlich bei der Sache war. Insbesondere Horace Andy entschwand nach jedem seiner Songs mit zwei nach oben gereckten Daumen möglichst schnell von der Bühne, ohne den Eindruck zu erwecken, er würde das für mehr als das Geld machen. So blieb es dabei, dass weniger die Performance, als die gespielte Musik mich hin und wieder bewegte, wie beispielsweise die von Topley-Bird interpretierten Teardrop und Psyche.

Den Rausschmeißer bildete schließlich Massive Attacks großartigster Beitrag zur zeitgenössischen Popkultur, dessen Titel auch mein Fazit des Abends bildet.

Fazit

Unfinished Sympathy


Massive Attack „Unfinished Sympathy“ on Vimeo.

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Ticketpreis: 38,00 €

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