Twin Shadow (Bi Nuu)

Konzertkritik: Twin Shadow
Price:
18,30 €

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Rating:
4
On 25. August 2014
Last modified:26. Februar 2017

Summary:

Charme und Spiellaune sorgten für einen unterhaltsamen Ausklang eines verkorkst begonnenen Abends. George Lewis Jr. hat durchaus Unterhalterqualitäten, kann man sich auch nochmal anschauen.

Vor anderthalb Jahren spielte er schonmal im Lido, aber auf Grund einer Fußverletzung musste ich mein Ticket damals verfallen lassen. Nun ist es aber soweit und ich kann mir endlich anschauen, was George Lewis Jr. alias Twin Shadow live auf die Bühne bringt. Heute gastierte er unter der Hochbahn im Bi Nuu.

Mein erster Kontakt mit Twin Shadow war über das Video zum Song „Slow“. Der darin schüchtern dreinschauende Protagonist ist der Künstler selbst, der Clip erinnert hingegen in seiner Ästhetik an ein auf VHS gebanntes Casting für einen Schwulenporno – nicht gerade ein Image, das sich jemand überstreift, der massenkompatible Popmusik machen möchte.


Twin Shadow „Slow“ on Vimeo.

Der unterlegte Song hingegen ist recht eingängig und gibt die Richtung vor, in der sich auch das übrige Œvre dieses Künstlers bewegt. Auf dem von Chris Taylor (der Bassist von Grizzly Bear) produzierten Debutalbum „Forget“ finden sich weitere Hommagen an eine Vergangenheit, die das Zielpublikum selbst kaum erlebt haben dürfte: nach 80ern anmutende Hymnen in aktuellem Soundgewand, die gut mit dem Hipster-Zeitgeist resonieren. Auch wenn ich sonst mit dem Hipstertum nichts zu tun haben will, hat diese Musik bei mir verfangen.

Das selbstproduzierte Nachfolgealbum hat mich zwar nicht mehr so vom Hocker gehauen. Aber da ich mir damals vorgenommen habe, mir den Jungen mal live anzuschauen, fand ich mich heute im Bi Nuu ein.

Zunächst gab es aber einen Support-Act. Zwei Detroiter DJs unter dem Pseudonym Christian Rich legten Elektro auf – allerdings auf eine furchtbare Art und Weise. Jeglicher Versuch, das Publikum zum Klatschen oder Tanzen zu animieren, ging ziemlich in die Hose. Die aufgelegten Stücke wurden erratisch nach etwa anderthalb Minuten mehr schlecht als recht ineinander gemischt. Ich weiß nicht, ob das daran lag, dass die Tracks nicht länger waren, oder ob sie krampfhaft nach einem Titel gesucht haben, zu dem die Leute endlich mitgehen. Wenn der Sound zwischendurch nicht aufgrund von technischen Problemen Aussetzer hatte, würgten sie ihn absichtlich ab, um per Mikro mehr Stimmung einzufordern.

Nach schier endlosen 40 Minuten war der Spuk dann endlich vorbei. Mitten im Stück wurde der Sound abgedreht – so richtig traurig war ich darüber nicht. An einem anderen Tag, in einer anderen Location und mit einem anderen Publikum (an dem ich nicht beteiligt bin) könnte das vielleicht was werden, aber so war es nur der schlimmste Einheizer, den ich bisher erlebt habe.

Positiv gesehen konnte es also nur besser werden, und so war es zum Glück auch. Ich bin zwar kein Kostverächter in Sachen elektronischer Musik, aber heute war ich gekommen, um was handgemachtes zu sehen. Und Twin Shadow konnte diesen Wunsch auch gut bedienen.

Der gebürtige Dominikaner stand natürlich nicht allein mit seiner E-Gitarre auf der Bühne. Um ihn formierte sich eine frisurentechnisch bunte Band: am Bass ein wasserstoffblondierter Nerd, an der Percussion ein Mann mit Dreadlocks und an den Tasten eine Frau mit gefärbten Haaren. Im Zusammenspiel wirkte das hingegen weniger eklektisch als es der Beschreibung nach klingt, die vier treten in dieser Konstellation auch schon seit einigen Jahren auf.

Als Fan ausgefeilter Percussion hatte es mir insbesondere das Drumpad-unterstützte Schlagzeug angetan. Stehen solche digitalen Instrumente oftmals unter dem Verdacht mangelnde Begabung durch Effekte wettzumachen, konnte man hier feststellen, was ein Fachmann damit für vielseitige Klangwelten eröffnen kann.

Fazit

Zwar wurden meine Lieblingsstücke vom ersten Album (wie z.B. das furchtbar schwelgerische „At my Heels) nicht gespielt, doch Charme und Spiellaune sorgten für einen unterhaltsamen Ausklang eines verkorkst begonnenen Abends. George Lewis Jr. hat durchaus Unterhalterqualitäten, kann man sich auch nochmal anschauen.

4
Ticketpreis: 18,30 €

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