Gisbert zu Knyphausen ist ein Künstler, der es schafft, selbst optimistische Lieder deprimierend klingen zu lassen – genau mein Ding also. Folgerichtig fand ich mich heute im Lido ein, wo er zusammen mit der Kid Kopphausen Band an zwei Abenden in Folge auftrat.
Im Vorprogramm trat eine junge Sängerin mit ihrer Band auf, die unter dem Namen Lilly firmiert. Insgesamt bespielten fünf Musiker die Bühne, so habe ich es bewusst das erste Mal erlebt, dass die Vorband größer ist als der Hauptact. Das gefiel mir eigentlich auch ganz gut… ja, eigentlich. Diese Einschränkung mache ich aufgrund der Gesangsstimme. Wie Lana del Rey hat Lilly eine schöne, volle Altstimme, singt also vornehmlich in recht tiefen Registern. Ebenso bleibt sie aber auch meist in derselben Oktave, wodurch der Gesang nicht besonders abwechslungsreich klingt. Ein bisschen schade, denn die Lieder fand ich abgesehen davon sehr gut instrumentiert und auch textlich überzeugend. Ein Song ist mir sogar im Gedächtnis geblieben, leider hab ich den nirgends gefunden (ein so leicht zu merkender Bandname hat auch seine Nachteile).
Überpünktlich betrat dann Gisbert zu Knyphausen mit den drei Kid-Kopphausen-Musikern die Bühne und wurde dort vom Publikum sofort warm empfangen. Der Opener „Haus voller Lerchen“ ließ dann auch schon erkennen, worum es an diesem Abend gehen sollte: Wer wie ich in der Erwartung gekommen war, es würde sich vornehmlich um ein Gisbert zu Knyphausen-Konzert handeln, wurde eines besseren belehrt. Vielmehr wurden hauptsächlich Stücke von Kid Kopphausen gespielt, einer Kooperation mit dem Songwriter Nils Koppruch, der 2012 unerwartet jung verstarb. Einen weiteren Teil des Konzerts bildeten Coverversionen anderer Künstler, wie beispielsweise Hank Williams‘ „Ramblin‘ Man“. Knyphausens eigenes Material spielte, zumindest war dies mein Eindruck, eher eine untergeordnete Rolle.
Kurzum: den größten Teil des Konzerts bildeten Stücke, die ich noch nicht kannte. Das tat dem ganzen aber keinen großen Abbruch. Denn auch wenn nicht jeder Song bei mir verfangen hat, so war es doch so vielseitig und abwechslungsreich, um mich über die fast zwei gespielten Stunden durchgängig gut zu unterhalten. Künstler und Band waren gut gelaunt und hatten das Publikum im Griff. So wurde ihnen der eine oder andere Fauxpas beim Sound ebenso leicht verziehen wie dass Gisbert beim in der Zugabe solo gespielten Stück „Neues Jahr“ kurzzeitig den Text vergisst.
Fazit
Anders als erwartet, aber gut gelaunte sympathische Künstler können ein ansonsten durchschnittliches Konzert in ein gutes verwandeln. Einen Bonus gibt’s auch für die riesige Discokugel, die auf der Bühne liegend für schöne Effekte angestrahlt wurde.
Ich warte dann mal weiter auf ein „richtiges“ Gisbert zu Knyphausen-Konzert.