Björk (Zitadelle Spandau)

Konzertkritik: Björk
Price:
66,05 €

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4
On 2. August 2015
Last modified:9. November 2023

Summary:

Rückblickend ein ziemlich verstörendes Konzert. Dass die Künstlerin nach ihrer auf dem letzten Album ausgebreiteten Trennung vom langjährigen Partner nicht mit meinem Lieblingsstück „All is full of Love“ aufwarten würde, war keine Überraschung. Man kann sich Björk aufgrund des Spektakels dennoch mal anschauen, auch ohne ihr größter Fan zu sein.

Björk war der letzte dieses Namens würdige Headliner eines Berlin Festivals, als sie im letzten Jahr auf dem Flughafen Tempelhof auftrat. Dennoch konnte ich mich damals nicht dazu durchringen, mir Tickets zu holen, und habe das im Nachhinein bereut. Aber jetzt auf der Zitadelle Spandau gab es die Gelegenheit, sie ohne die ganzen anderen für mich weniger interessanten Acts zu sehen.

Man kann sie als stilbildende Künstlerin verehren oder als zu eklektisch hassen. Ich nehme mir mal die Freiheit heraus, mich keinem der beiden Lager zuzuordnen. Es gab musikalisch in ihrer über 20jährigen Solo-Laufbahn einiges, das mir ganz gut gefiel. Anderes (zum Beispiel ihr vorletztes Album Biophilia) erschien mir aber zu forciert-avantgardistisch. Unabhängig davon, wie man zu ihrer Musik steht, muss man aber anerkennen, dass Björk drumrum ein ziemliches multimediales Brimborium veranstaltet, von ihrer extravaganten Kleidung über Videoclips bis zu Apps und Ausstellungen im MoMA. Für mich Grund genug, mir das mal live anzuschauen.

Support

Bevor es aber soweit war, wurden meine Nerven erstmal ordentlich strapaziert: Es gab zwei Supportkünstler, die die zweieinhalb Stunden zwischen der auf dem Ticket genannten und der tatsächlichen Anfangszeit des Konzerts füllten.

Zunächst betrat der Amerikaner und mittlerweile Wahlberliner Lotic die Bühne. Und meine Fresse, war das anstrengend. Ich bin ja hart im nehmen; wenn mir was musikalisch nicht gefällt, finde ich’s eben doof, aber ich kann das mal eine Weile aushalten. Aber das, was der gute Mann da über eine Stunde in die Ohren der verstörten Menge drückte, würde ich tatsächlich einfach mal „Krach“ nennen. Wer mir das nicht glaubt, kann sich gern auf Soundcloud überzeugen. Als er abtrat gab’s Applaus, als er kurze Zeit später nochmal wiederkam, um seinen Koffer von der Bühne zu holen, sprach’s hinter mir “oh no, oh no, not him again”.

Konnte also nur besser werden. Als nächstes kam Arca, der Björks aktuelles Album Vulnicura mitproduziert hat. Wer sich mal durch seine Profilfotos auf Facebook klickt, kann sich auch vorstellen, wie Björk auf ihn gestoßen sein könnte. Arcas Musik kann im Unterschied zu seinem Vorgänger aber sogar so genannt werden. So recht überzeugt hat mich sein wahlloses Springen zwischen verschiedensten Genres aber dennoch nicht. Im Gedächtnis geblieben ist eher die hinter ihm laufende großflächige Videopräsentation, die aus einem Zusammenschnitt verschiedener eigenartiger YouTube-Videos und nicht gerade appetitlicher Szenen aus dem 2012er-Film Leviathan bestand.

Björk

Irgendwann gegen 9 war es dann endlich soweit. Nachdem ein ganz in weiß gekleidetes Streichorchester auf der Bühne Platz genommen hatte, erschien unter dem Applaus der Menge endlich Björk, ganz in Rot mit einer fliederfarbenen chamäleonartigen Halskrause. Nach ein paar Stücken ihres aktuellen Albums schöpfte sie auch aus ihrem mittlerweile recht stattlichen älteren Œvre. Gefreut habe ich mich beispielsweise über mein Zweitlieblingsstück „Bachelorette“ (großartiges Video) oder über „Possibly Maybe“, das recht eindrucksvoll mit drei Hanghang auf der Bühne begleitet wurde.

Dass mir ausgerechnet letzteres im Gedächtnis geblieben ist, mag unter anderem daran liegen, dass das kein Konzert war, bei dem es viel Gelegenheit gab, Musiker beim Spielen ihrer Instrumente zu bewundern; mit Ausnahme der Streicher und natürlich Björks Stimme war das meiste elektronisch. Man muss sich also was anderes suchen, was das Konzert interessant macht.

Einerseits bieten sich dafür die im Hintergrund der Bühne laufenden Videos an. Zum großen Teil bestand das Material aus Tierdokumentationen, von denen ich vermute, dass sie ausgewählt wurden, um gezielt bestimmte Phobien zu triggern. Eierlegende Schmetterlinge, schleimige Schnecken, Tausendfüßer, Spinnen, Schlangen, sich bekriegende Bienen und Hornissen… warum nicht zur Abwechslung mal ein Katzenvideo, um die Stimmung zu heben?

Zum anderen war ein Höhepunkt des Konzerts, dass einige Stücke mit zeitlich perfekt auf die Musik abgestimmter Pyrotechnik begleitet wurden. Nicht nur hinter, sondern sogar auf der Bühne gab es Feuerwerk, und zwar genug, um die Zitadelle anschließend in dunkle Schwaden zu hüllen. Ob die Streicher einen Gefahrenzuschlag für ihren Auftritt bekommen haben?

Fazit

Rückblickend ein ziemlich verstörendes Konzert. Dass die Künstlerin nach ihrer auf dem letzten Album ausgebreiteten Trennung vom langjährigen Partner nicht mit meinem Lieblingsstück „All is full of Love“ aufwarten würde, war keine Überraschung. Man kann sich Björk aufgrund des Spektakels dennoch mal anschauen, auch ohne ihr größter Fan zu sein.

4
Ticketpreis: 66,05 €

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