Deichkind (Max-Schmeling-Halle)

Konzertkritik: Deichkind
Price:
40,15 €

Reviewed by:
Rating:
5
On 10. Februar 2016
Last modified:6. Mai 2022

Summary:

Sehr beeindruckende Show, die Laune macht. Man muss es mal gesehen haben, bevor man den Löffel abgibt.

Yippie yippi yeah yippie yeah, Krawall und Remmidemmi!

Es ist der Sommer 2006. Ich sitze in der S-Bahn gegenüber einem vielleicht 15-Jährigen, aus dessen Ohrstöpseln in extremer Lautstärke der oben genannte Refrain tönt. Dazu schaut er regungslos verträumt aus dem Fenster. Aufgrund der surrealen Bild-Ton-Schere hatte ich Mühe, nicht in Gelächter auszubrechen.

Dies war zwar nicht mein frühester, aber ein durchaus erinnerungswürdiger Kontakt mit Deichkind. Etwa um diese Zeit herum begab es sich auch, dass aus der Hamburger Hip-Hop-Crew eher ein Showkonzept wurde. Dessen aktuelle Inkarnation unter dem vielversprechenden Namen „Niveau Weshalb Warum“ gastierte heute in der Max-Schmeling-Halle.

Der oberflächliche Eindruck „reine Spaßband“ ist allerdings zu kurz gegriffen. Mit „Bück dich hoch“ schufen sie beispielsweise eine Hymne, die eigentlich auf keiner Firmenfeier der Kreativbranche fehlen darf. Und mit „Leider geil“ gelang es ihnen tatsächlich ein Jugendwort in den allgemeinen Sprachgebrauch einzuführen – woran Langenscheidt alle Jahre wieder scheitert. Ihr kultureller Einfluss ist also nicht zu leugnen. Darüber hinaus greifen sie immer wieder aktuelle popkulturelle Phänomene in ihren Videos und Texten auf, zum Beispiel mit „Like mich am Arsch“ (nein, das ist nicht dasselbe Video wie „leider geil“ :)).

Bück dich hochDennoch kann man sich die Shows wie Kindergeburtstag für Erwachsene vorstellen: eher Performance als Konzert. Vor imposanten beweglichen Säulen mit Kachelanimationen, Lichtshow und Projektionsflächen tanzt und springt eine wechselnd kostümierte und mit allerlei Accessoirs ausgestattete Crew aus bis zu acht Personen über die Bühne. Da die Herren über zwei Stunden durchpowern kam ich nicht umhin mich zu fragen, ob das immer dieselben Leute sind, oder ob sie sich ähnlich der Blue-Man-Group regelmäßig abwechseln. Ebenfalls bemerkenswert ist, dass die ganze Action nicht ausschließlich auf der Bühne stattfindet, sondern die Künstler bei einigen Stücken in Schutzanzügen, Schlauchbooten oder einem riesigen Fass durch das tobende Publikum getragen werden.

Die Performance selbst ist von vorn bis hinten durchchoreografiert und mit einer Präzision vorgetragen, die man hinter den oft anarchisch anmutenden Schluffi-Texten der Band nicht vermuten würde. Da Bühnenbild und -animation, Kostümierung und Inhalt einem klaren Konzept und Spannungsbogen folgen, bleibt nirgends Platz für Improvisation oder Zufall. Selbst der Kontrollverlust bei den Schlauchboot-Aktionen ist derart kalkuliert, dass das Boot zur richtigen Zeit wieder an der Bühne anlegt. Da man aber ständig mit neuen Reizen konfrontiert wird, vermisst man die mangelnde Spontaneität auch zu keinem Zeitpunkt.

Fazit

Sehr beeindruckende Show, die Laune macht. Ich wiederhole, was ich damals auch zu Knorkator sagte: Man muss es mal gesehen haben, bevor man den Löffel abgibt.

5
Ticketpreis: 40,15 €

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

AlphaOmega Captcha Classica  –  Enter Security Code
     
 

You may use these HTML tags and attributes:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>