Curtis Harding (Columbia-Theater)

Konzertkritik: Curtis Harding
Price:
29,45 €

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Rating:
4
On 20. November 2017
Last modified:6. Mai 2022

Summary:

Die Leute sind Profis genug, dass sie sich musikalisch nicht hängen lassen. Aber wenn ich das Gefühl habe, sie machen das gerade nur, weil sie müssen, reicht's für mich nicht für die Bestwertung.

So, genug Jazz für dieses Jahr. Zu meinem voraussichtlich letzten Konzert 2017 gibt sich der Funk-Soul-Brother Curtis Harding die Ehre im Columbia-Theater.

Jeangu MacrooyDen Anheizer macht der schlaksige Jeangu Macrooy, der mit seiner Gitarre bewaffnet allein die Bühne betritt. Hinter seiner jungschen Fassade verbirgt sich eine unerwartet reife Stimme, mit der er seine souligen Lieder übers Erwachsenwerden oder das Scheitern der ersten großen Liebe singt. Zwischendurch scherzt er mit dem Publikum und erzählt einen Schwank zur Entstehungsgeschichte der verschiedenen Stücke. Seinem breiten Grinsen zu deuten freut er sich, heute hier spielen zu können, und die gute Laune färbt auch aufs Publikum ab.

Leider bin ich aber gedanklich gerade woanders, was dem vor mir stehenden Pärchen zu verdanken ist. Der Typ kann es nicht unterlassen, seiner Freundin alle paar Sekunden einen lautstarken Schmatzer auf die Backe zu setzen, wie man es üblicherweise mit entsprechenden Furzgeräuschen zur Erheiterung kleiner Babys macht. Bevor ich meine guten Manieren vergesse (wehe einer lacht …), wechsle ich aber den Standort. Etwas weiter mittig bin ich weit genug weg, das Gesabber nicht mehr zu hören, und meine Laune hebt sich wieder.

Als dann Curtis Harding und seine Band die Bühne betreten, finden sie also ein bereits gut eingestimmtes Publikum vor. Mein erster Eindruck ist jedoch, dass Harding heute nicht seine beste Laune hat. Eingepackt in zwei Jacken und mit Sonnenbrille und Mütze – sieht so aus, als sei ihm das Berliner Wetter aufs Gemüt geschlagen. Glücklicherweise wirkt sich das aber nicht auf die Musik aus.

Curtis Hardings Stil würde ich als changierend zwischen Soul und Funk bezeichnen, wobei letzterer Part heute kaum zur Geltung kommt. Harding steuert den Songs  Rhythmusgitarre und Gesang bei, der gelegentlich auch ins Falsett gleitet. Was die Musik aber für mich interessant macht, sind die Basslines, die mir ziemlich in die Beine gehen.

Curtis HardingIrritiert bin ich nun davon, dass so groovige Musik auch derart gelangweilt performt werden kann. Mal vom Schlagzeuger abgesehen habe ich den Eindruck, die Musiker sind gedanklich irgendwo anders, schauen gelangweilt Löcher in die Luft und können jegliche Freude an dem, was sie gerade tun, sehr gut verbergen. Insbesondere der Bassist haut da mit einer Leichtigkeit die geilsten Riffs raus, wirkt dabei aber, als überlegte er gerade, was er noch einkaufen muss.

Nach etwa einer Stunde beginnt zumindest der Gitarrist etwas aufzutauen und mit der von ihm gespielten Musik mitzugehen. Ich glaube, ich habe ihn aus dem Augenwinkel auch mal kurz lächeln gesehen. Schade nur, dass das Konzert nun schon fast zuende ist. Das Stück „I don’t wanna go home“ fehlt heute in der Setlist, ich hätte es der Band auch nicht abgenommen.

Fazit

Die Leute sind Profis genug, dass sie sich musikalisch nicht hängen lassen. Aber wenn ich das Gefühl habe, sie machen das gerade nur, weil sie müssen, reicht’s für mich nicht für die Bestwertung.

4
Ticketpreis: 29,45 €

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