Tash Sultana (Zitadelle Spandau)

Konzertkritik: Tash Sultana
Price:
42,65 €

Reviewed by:
Rating:
4
On 27. Juli 2019
Last modified:13. August 2019

Summary:

Es macht Spaß, Tash Sultana dabei zuzuschauen, wie die Musik live zusammengebaut wird. Selbst wenn jeden Abend die gleichen Stücke gespielt werden sollten, so kann man sich recht sicher sein, nicht zweimal dasselbe zu hören.

Mit Konzertempfehlungen von Kollegen hab ich bisher ganz gute Erfahrungen gemacht. Und da hier mal wieder ein Ticket übrig war, gab’s Cash für Tash und ich schwang mich am CSD-Samstag aufs Rad für den langen (aber schönen) Weg zur Zitadelle Spandau.

Der besagte Kollege hatte Tash Sultana schonmal live gesehen und kannte daher auch schon die Vorband: die Pierce Brothers aus Melbourne. Seine Aussage „muss ich nicht nochmal sehen“ ließ wenig Interpretationsspielraum, aber Geschmäcker können ja verschieden sein. Daher fand ich mich rechtzeitig ein und konnte auch das meiste des Support-Auftritts genießen.

Die beiden Brüder haben Talent, Technik und auch das Rampensau-Gen in sich. Musikalisch fand ich ihren Schrammel-Folk mit stumpfem Four-on-the-Floor Rhythmus allerdings uninteressant. Es erinnerte mich bisweilen an Mumford and Sons, bei denen es auch herrliche Parodien dazu gibt, dass jeder Song wie der vorherige klingt. Es gibt offensichtlich ein Publikum, dass daran seine Freude hat. Mir war’s aber zu fröhlich und zu eintönig. Muss ich also auch nicht nochmal sehen.

Der Vorwurf, dass alles gleich klingt, wäre bei Tash Sultana wiederum völlig fehl am Platz. Dafür sind zuviele Instrumente involviert, zuviele Genres und Stile vermischt. Der Anfang von Tashs Karriere begann auf den Straßen von Melbourne und mit gelegentlich auf YouTube geteilten Wohnzimmeraufnahmen. Eine solche Performance des Stücks „Jungle“ ging viral, und von da nahm das moderne Märchen seinen Lauf. Es wurden Verträge unterzeichnet, Platten veröffentlicht und Welttourneen gebucht. Dem Stil ist Tash dabei allerdings treu geblieben, letztlich ist es immer noch ein Solo-Act mit allerlei Effektgerät, mehreren Instrumenten und Gesang.

Tash SultanaWesentlicher Bestandteil fast jedes Songs ist eine Loopstation, mit der Layer für Layer die Stücke aufgebaut werden. Erstmals mit Livelooping in Kontakt kam ich vor vielen Jahren durch ein Konzert der Berliner Lo-fi-Künstlerin Entertainment for the Braindead. Ich fand diese Art Musik zu machen derart inspirierend, dass ich mir kurz darauf selbst ein Loop-Pedal zugelegt habe. Zuerst dachte ich, das sei eine Hilfe für Leute, die ihr Instrument noch nicht richtig beherrschen (immerhin muss man die geloopte Phrase nur einmal korrekt spielen). Durch eigenes Experimentieren wurde mir aber schnell bewusst, dass zum richtigen Loopen mehr gehört, als es zunächst den Anschein hat. Hinzu kommt, dass die Layer gut abgestimmt sein müssen, damit am Ende nicht nur übersteuerte Kakophonie am Verstärker ankommt.

Kurzum: Ich habe Respekt vor Leuten, die gut mit Loopstations umgehen können, und Tash Sultana gehört dazu. Hinzu kommt das technisch virtuose Hantieren mit allerlei Instrumenten, neben der Gitarre auch an Tasten, Trompete, Mandoline, Flöte und bestimmt noch weiteren Instrumenten, an die ich mich nur nicht mehr erinnern kann. In einigen Passagen an der E-Gitarre hätte es mich nicht überrascht, hätte Tash begonnen, sie Hendrix-Style noch mit den Zähnen oder hinterm Kopf zu spielen.

Luft nach oben ist allerdings noch beim Rhythmus. Bei einigen Stücken war das Loop nicht perfekt getimet, so dass alle paar Takte der nächste etwas zu früh einsetzt oder die darüber eingespielte Percussion etwas neben dem Takt läuft. Das habe ich zunächst abgetan als „is‘ halt live, ich lass das jetzt so“.

Spätestens aber bei den Zugaben, bei denen weitgehend auf die Loopstation verzichtet wurde und Tash nur mit Gitarre auf der Bühne herumwirbelte, wurde deutlich, dass darauf nicht der Fokus liegt: Da wurde ziemlich erratisch das Tempo angezogen, um zu zeigen, wie flott man die Saiten spielen kann, und wenn das Tempo dann doch nicht zu halten ist, wird eben unvermittelt wieder langsamer gespielt. Diese Hemdsärmeligkeit macht Tash natürlich auf eine Art sympathisch, auf eine andere Art aber auch etwas anstrengend. Ein Schlagzeuger, der Wert auf Takt legt, hätte an dem Konzert sicherlich bei aller sonstiger Virtuosität viel zu knabbern gehabt.

Fazit

Das soll allerdings nicht heißen, dass ich aufgrund dessen dem Konzert nichts abgewinnen konnte. Es macht dennoch Spaß, Tash Sultana dabei zuzuschauen, wie die Musik live zusammengebaut wird. Selbst wenn jeden Abend die gleichen Stücke gespielt werden sollten, so kann man sich recht sicher sein, nicht zweimal dasselbe zu hören.

4
Ticketpreis: 42,65 €

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