Beth Gibbons (Music Hall)

Konzertkritik: Beth Gibbons
Price:
72,75 €

Reviewed by:
Rating:
5
On 2. Juni 2024
Last modified:3. Juni 2024

Summary:

Hervorragender Sound, professionelle Musiker*innen, emotionaler Abend. Einziger Wehrmutstropfen: Es hätten auch gern noch ein paar mehr Stücke des ersten Albums auf der Setlist stehen können.

Elf Jahre ist es her, als ich in meiner letzten Portishead-Review äußerte, dass ich deren Frontsängerin Beth Gibbons gern mal solo sehen möchte. Ich war skeptisch, ob es dazu nochmal kommt, immerhin lag ihr zu dem Zeitpunk einziges Album ohne Portishead damals auch schon über eine Dekade zurück. Überraschend hat sie dieses Jahr aber mit Lives outgrown ein neues Album veröffentlicht und auch eine Tour dazu angesetzt.

Zunächst war ich noch von den dreistelligen Ticketpreisen abgeschreckt, die hier für die Ränge aufgerufen wurden. Allerdings gab es einige Zeit später auch Innenraum-Tickets für einen etwas erschwinglicheren zweistelligen Betrag. Bevor ich noch zwanzig weitere Jahre bis zur nächsten Tour warte, habe ich also doch zugeschlagen. Dafür muss jetzt aber auch was geboten werden.

Bill Ryder-Jones

Bill Ryder-Jones

In den Support Bill Ryder-Jones (heute in Begleitung einer Cellistin) hatte ich vorher schonmal reingehört, das aber für recht langweilig befunden. Da Musik live natürlich ganz anders rüberkommen kann, geb ich ihm trotzdem eine Chance. Es hat aber nicht sollen sein.

Zwar ist sein Gitarrenspiel ganz gut. Dennoch fühle ich mich wie beim betreuten Einschlafen. Mich beschleicht der Eindruck, Ryder-Jones langweilt sich bei seinen hingenuschelten Ansagen sogar selbst und hat während der im Sitzen gespielten Stücke Mühe, nicht hinten überzukippen und wegzuratzen.

Nach einer mir endlos vorkommenden halben Stunde ist es zum Glück vorbei, sonst wäre ich im Stehen eingeschlafen.

Beth Gibbons

Pünktlich gegen 9 legt dann Beth Gibbons los, und ich bin vom ersten Moment an schonmal positiv vom Publikum angetan. Nach meiner kürzlichen Negativ-Erfahrung mit viel Rempelei und Rumgesabbel gibt es heute das komplette Gegenteil: Die Leute bleiben stehen, wo sie sind, es gibt keine Ellbogen im Rücken, und noch bevor die Band überhaupt die Bühne betreten hat, kann man schon eine Stecknadel fallen hören. Mein Glaube an das Gute im Konzertbesucher-Menschen ist wieder hergestellt.

Ebenfalls positiv angetan bin ich vom Sound in der Music Hall. Jedes der zahlreichen Instrumente kann einzeln ausgemacht werden und die Stimme Gibbons‘ ist hervorragend abgemischt. Als Bewunderer von Multiinstrumentalisten komme ich voll auf meine Kosten. Es gibt Gitarren, Geigen, Schlagzeug, Bass (gezupft und gestrichen), Querflöten, singende Sägen, Vibraphon, Klavier, Klarinette, Rhodes-Piano, Saxophon und allerlei weitere Blas- und Schlaginstrumente. Bei einer siebenköpfigen Band kann man sich ausrechnen, dass die meisten Personen zwischenzeitlich ihr Instrument wechseln.

Beth Gibbons

Zu sagen, es wäre eine Freude, der Musik zu lauschen, ist dennoch etwas weit hergeholt, denn durch besonders lebensbejahende Songs zeichnet sich die Sängerin nicht gerade aus. Im Unterschied zum hingelullten Support vermag es Beth Gibbons aber, mit ihrer kontrolliert brüchigen Stimme ein breites, im besten Sinne melodramatisches Spektrum an Emotionen hervorzurufen. Und ich finde es beeindruckend, dass ihre Stimme trotz mittlerweile dreißig Jahren Bühnenpräsenz immer noch alle Register ziehen kann.

Zu den Highlights des Abends gehören für mich „Floating on a Moment“, die erste Auskopplung des aktuellen Albums, sowie „Tom, the Model“ vom Erstlingswerk „Out of Season“. Getoppt werden konnte das nur noch durch „Roads“ in der Zugabe. Aber das ist ja gecheatet – schließlich ist das eigentlich ein Portishead-Stück.

Fazit

Hervorragender Sound, professionelle Musiker*innen, emotionaler Abend. Einziger Wehrmutstropfen: Es hätten gern ein paar mehr Stücke des ersten Albums auf der Setlist stehen können.

5
Ticketpreis: 72,75 €

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