Vor zehn Jahren las sich eine übliche Erfolgsstory noch in der Form „wurde bekannt durch ein viral gegangenes YouTube-Video und füllt jetzt Konzerthallen“. Solche Geschichten gibt es immernoch, aber mittlerweile wurde YouTube durch TikTok ersetzt. Zwar nicht durch ein virales Video, aber zumindest durch eine Empfehlung auf TikTok hat’s mich heute nun zu Dabeull verschlagen.
Konnte ich mich aufgrund dieser Tatsache für einen Moment total wyld und am Puls der Zeit fühlen, wurde mir mein Alter in der Warteschlange am Huxley’s sehr schnell wieder bewusst gemacht, als ich von einer anderen Wartenden gesiezt wurde. Moment mal, Warteschlange? Aus mir unerfindlichen Gründen begann der Einlass nur ein paar Minuten vor offiziellem Konzertbeginn, sodass ich erstmal ein Weilchen im Nieselregen stehend darüber sinnieren konnte, ob ich hier richtig bin.
Der besagten TikTok-Empfehlung folgend hatte ich mich durch ein paar Stücke Dabeulls gehört. Klingt alles recht funky, 80er-Jahre Synthiesound und Gated-Reverb-Drums. Richtige Kracher, die im Gedächtnis bleiben, waren für meinen Geschmack zwar nicht unbedingt dabei, aber den Stil (sowohl musikalisch, als auch wie sich der Typ so präsentiert) finde ich ganz geil. Und weil ich mir das live auch gut vorstellen kann, stehe ich jetzt hier im Regen.
Zwanzig Minuten nach der Zeit bin ich dann gut eingeweicht und endlich drin. Es steht noch niemand auf der Bühne, aber es läuft schon wildgewordene Lichtshow und sehr laute Musik von der Konserve. Ich frage mich unweigerlich, ob in der Konzertankündigung „Dabeull Live Band“ ein „vom“ vergessen wurde. Nach einer Weile wird die Lichtshow gedimmt und etwas leiseres Einstimmungsgedudel gespielt, bevor sich dann unter tobendem Applaus endlich die Bühne füllt.
Dabeull ist eigentlich nur ein einzelner Typ, der mit Analog-Synthies frickelt. Website, Spotify und die üblichen sonstigen Quellen geben kaum Informationen her – mehr als den bürgerlichen Namen David Saïd und seine Herkunft aus Frankreich kann ich nicht ermitteln. Letztlich ist das zwar nebensächlich, aber ein bisschen Kontext zu den Künstler*innen und Acts finde ich immer ganz interessant. Wer sich (wie ich) aber zumindest fragt, wie sich Dabeull überhaupt ausspricht, kann sich einen übertriebenen französischen Akzent vorstellen, mit dem das englische „double“ ausgesprochen wird, mit Betonung auf der zweiten Silbe.
Ich kann aber sagen, dass die angekündigte „Live Band“ doch kein Euphemismus ist. Bis zu elf Leute stehen heute gleichzeitig auf der Bühne. Es gibt diverseste Tasten- und Schlaginstrumente, einen E-Gitarristen, einen am Saxophon und ’ne Keytar. Gemessen an dieser Anzahl an mitgereisten Musiker*innen und deren Instrumentarium – nicht zu vergessen der Garderobe von Sängerin Holybrune, die für jedes Stück ein anderes Glitzer-Abendkleid aufträgt – ist der Ticketpreis von knapp über 30 Euro ziemlich lächerlich.
Man sagt ja, dass irgendwann alles wiederkommt. Im Fall von Dabeull ist es das 70er/80er-Disco-Funk-Revival. Ich hab nie Earth, Wind & Fire gesehen, aber vor meinem geistigen Auge sähe das in heutiger Zeit etwa so aus. Die Leute auf der Bühne sind gut bei Laune und machen während der Call & Response-Passagen ihre Faxen. Einzig wer allergisch auf Talkbox-Sounds reagiert, wird es heute schwer gehabt haben.
Meine Highlights des Abends sind das in der Zugabe gespielte Flashdance-Cover von „Maniac“ sowie „Messages from the Stars“.
Fazit
Nach wie vor kann ich nicht sagen, dass mir viel im Ohr geblieben ist, wohl aber in den Beinen. Ich bin genauso nass rausgegangen, wie ich reingekommen bin. Kann man sich mal geben, wenn man den Sound gefällig findet.