The Smashing Pumpkins (Parkbühne Wuhlheide)

Konzertkritik: The Smashing Pumpkins
Price:
82,00 €

Reviewed by:
Rating:
4
On 22. Juni 2024
Last modified:30. August 2024

Summary:

Okaye Songauswahl, Publikum entspannt und bei der Sache - man kann sich die Pumpkins durchaus mal anschauen. Aber es wäre übertrieben zu sagen, dass dieses Erlebnis nach einer Wiederholung verlangt.

Damals in den 90ern, als mein Musikkonsum noch durch lineares Fernsehen erfolgte, stieß ich auf die Smashing Pumpkins. Deren Schaffen verfolgte ich dann bis in die frühen 2000er hinein, aber verlor sie aus den Augen, als personelle Querelen ihre Musik überschatteten. Mittlerweile sind sie zwar wieder fast in Originalbesetzung unterwegs. Ich hätte mir heute trotzdem kein Ticket gekauft, wäre nicht noch Interpol als Special Guest angekündigt worden. Zwei interessante Bands zum Preis von einer? Da sag ich dann doch nicht nein.

Bei Bands oder Künstler*innen, bei denen ich früher mal eine Fan-Phase hatte, aber von denen ich seitdem nichts mehr mitbekommen habe, bin ich meistens skeptisch, ob ich mir Konzerttickets kaufe. Einerseits kenne ich das aktuelle Material nicht, andererseits sind sowohl sie, als auch ich mittlerweile ein paar Jährchen älter. Ich möchte mir die Gefühle und Erinnerungen von damals nicht schmälern lassen, sollte das in die Gegenwart übertragen einfach nicht mehr zünden. Aber wie schon geschrieben, wurde hier durch den Support ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen kann. Also aufs Rad geschwungen und ab in die Wuhlheide.

Interpol

Interpol

Die Band sah ich zuletzt vor neun Jahren in der Columbiahalle. Wenn ich mir das Review von damals durchlese, hat’s mich nicht vom Hocker gehauen. Die Zeit bügelt aber so manche unebene Erinnerung glatt, sodass ich diesmal doch wieder gespannt war. Die Musik finde ich ja immer noch ganz geil.

Trotzdem ist auch diesmal meine Stimmung verhalten. Post-Punk und hellichter Tag passt für mich nicht zusammen. Es hilft auch nichts, dass es in der ersten Hälfte des Konzerts einige Stolpereien beim Halten des Takts gibt. Ob da der Click-Track im Ohr versagt hat? Sehr irritierend. In der zweiten Hälfte haben sie sich aber einigermaßen gefangen. Persönliches Highlight: „Pioneer to the Falls“.

Wäre das heute das einzige Konzert, gäb’s keine bessere Wertung als letztes Mal. Eher so „meh“.

The Smashing Pumpkins

In der Pause verwickeln mich ein paar Umstehende in Spekulationen über das heutige Lineup der Band. Da ich seit Mitte der Nullerjahre kaum noch im Pumpkins-Kosmos unterwegs bin (von einigen Nostalgie-bedingten YouTube-Sessions abgesehen), kann ich da nicht mit fachsimpeln. Aber dass neben Frontmann Billy Corgan und Schlagzeuger Jimmy Chamberlin auch wieder Gitarrist James Iha am Start ist, habe ich noch mitbekommen.

Pünktlich wie die Tagesschau um 8 geht’s dann los und die Spekulationen haben ein Ende. Neben den drei genannten gibt’s noch einen Bassisten, eine weitere E-Gitarristin und eine Background-Sängerin auf der Bühne. Das Rampenlicht gilt aber zweifellos Corgan und Iha, die zugleich auch Hauptakteure der oben angedeuteten personellen Querelen sind.

Billy Corgan

Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, habe ich durch Dokumentationen und Interviews, die ich im Lauf der Jahre gesehen habe, den Eindruck gewonnen, dass Billy Corgan zwar einerseits ein musikalisches Genie, andererseits aber eine arrogante Diva ist, wovon die übrigen Bandmitglieder (zumindest James Iha und die damalige Bassistin D’arcy Wretzky) irgendwann die Nase voll hatten. Auch heute habe ich nicht den Eindruck, als stehen da die dicksten Freunde auf der Bühne. Iha spielt fast immer mit dem Rücken zu Corgan und macht auch in seiner Mimik nicht den Eindruck, als würde er gerade seinen Traum leben.

Als wollten die beiden den Eindruck einer reinen Zweckbeziehung zerstreuen, gibt’s in der Mitte des Konzerts ein bisschen verbales Geplänkel, bei dem sie zwar versuchen, einen freundschaftlichen Eindruck zu erwecken, sich aber dennoch nicht mal anschauen, wenn sie direkt miteinander reden. Wenn Corgan der Kopf der Band ist, und Chamberlin das Herz (Taktgeber, verstehste?), dann dürfte Iha wohl die gute Seele sein. Ihm obliegt die Vorstellung der Personen auf der Bühne. Doch wer erwartet hat, Corgan würde zumindest anstandshalber dann auch Iha vorstellen, wird enttäuscht. Ich fühle mich ein bisschen, als würde ich einer Seifenoper beiwohnen.

Aber mal abseits des Melodrams, wie kann man sich das musikalisch vorstellen? Da sind die Smashing Pumpkins heute stabil. Wie zu erwarten gibt es eine Mischung aus Stücken der ersten paar Alben, die ich alle ganz gut fand und zu denen die Menge auch mitsingt. Dazwischen spielen sie ein paar neuere Stücke, die ich nicht kenne und bei denen ich auch nicht das Gefühl bekomme, etwas aufholen zu müssen. Mein Favorit „Tonight, Tonight“ wird leider schon relativ früh gespielt, als noch gar keine nächtliche Stimmung aufkommen kann. Aber es gibt zwischendurch immer wieder Knaller (u.a. „The everlasting Gaze“, „Bullet with Butterfly Wings“, „1979“), sodass ich über die Songauswahl im großen und ganzen nicht meckern kann. Wermutstropfen: Trotz des andauernden Applauses und der ungläubigen Blicke im Publikum gibt’s keine Zugabe.

Fazit

Okaye Songauswahl, Publikum entspannt und bei der Sache – man kann sich die Pumpkins durchaus mal anschauen. Aber es wäre übertrieben zu sagen, dass dieses Erlebnis nach einer Wiederholung verlangt.

The Smashing Pumpkins – Tonight, Tonight on YouTube
4
Ticketpreis: 82,00 €

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