„Der großartige HELMUT ist nun mit dabei“ stand als Vorband-Ankündigung geschrieben auf der Facebookseite des heutigen Joan As Police Woman–Konzerts. Vor meinem geistigen Auge manifestierten sich „Helmut! Helmut!“-Sprechchöre auf einem Marktplatz in der ostdeutschen Provinz. So weit sollte es dann doch nicht kommen, besagter Helmut entpuppte sich nicht als 2m-Pfälzer, sondern als eher schüchterner Schnauzbartträger mit zu großem Strickpulli, der mit ein paar Loop-Stations und E-Gitarre musizierte und dazu sang. Obwohl die lauteren Passagen hoffnungslos übersteuert waren, fand ich das ganze aber recht eingängig, vielleicht weil ich ein Faible für diese Art des Musikmachens habe – vielleicht aber auch, weil die wenigen Songs, die er spielte, so schön deprimierend waren.
Aber gekommen war ich eigentlich wegen Joan as Police Woman. Obwohl ich kein sonderlicher Connaisseur ihres Œvres bin, kann ich mir ihre Musik ganz gut live vorstellen. So schlug ich dann also im Postbahnhof auf, und zunächst fühlte ich mich ziemlich fehl am Platz. Das Publikum wirkte mir wie zu 50 Prozent aus Musikkritikern zusammengesetzt, die andere Hälfte bildeten Paare in allen möglichen Konstellationen. So recht wollte der Funke auch nicht auf mich überspringen.
Und wie das in solchen Momenten ist, beginne ich mir gedanklich einen schönen Verriss der Veranstaltung zusammenzustellen. Begonnen hätte ich mit den… sagen wir speziellen Musikern der Band. Der Gitarrist wirkte wie einer der Bee Gees, komplett mit weit aufgeknöpftem Hemd und längeren Haaren auf der Brust als ich auf dem Kopf. Der Mann an den Tasten und am Saxophon wirkte bei seinen Gesangsparts, als würde er eine Melone im Ganzen essen wollen. Den Schlagzeuger plagten Tics, sodass er bei jedem Schlag mit den Augen zuckte und den Mund verzog, als hätte er sich damit selbst körperliche Schmerzen zugefügt. Und Joan Wasser selbst – wer meint, ich schaue immer grimmig, dem hätte ich sie gerne mal vorgestellt. Sie wirkte derart angespannt und aggressiv, dass ich schon dachte, sie geht zum Lachen in den Keller.
Dabei hätte ich es belassen, wenn nicht nach einigen Songs dann doch allmählich das Eis gebrochen wäre. Denn als sie anfingen mit dem Publikum zu sprechen und ihre Witzchen zu reißen, wandelte sich mein Bild doch ziemlich stark. Ein bisschen Humor kann schon einiges bewirken, und nachdem der Schlagzeuger schilderte, wie großartig sie’s doch finden, jetzt 2 Wochen in Deutschland zu sein, denn „you can buy all the healthy stuff here“ (zwinker, zwinker), wusste ich auch Bescheid. Es ging natürlich um Müsli.
Jedenfalls lockerte die Stimmung dann doch enorm auf und ich fühlte mich zunehmend besser unterhalten. Hatte ich schon zu Beginn rein musikalisch nichts an dem Konzert auszusetzen, so konnte ich die Songs jetzt auch genießen. Und spätestens, als die vier dann in der Zugabe ein a cappella Doo-Wop-Stück zum Besten gaben, machte mein Grinsen im Gesicht die fiesen Gedanken von vorher vergessen.
Fazit
Insgesamt also doch ein schöner Abend und gute Unterhaltung.