Alle zwei Jahre kommt Beardyman ins Gretchen nach Berlin. Durch diese Regelmäßigkeit, aber auch den jeweiligen Abstand zwischen den Konzerten, erlaube ich mir mal, den Künstler in seiner Entwicklung zu begutachten. 2014 und 2016 war ich schon dabei, sind aller guten Dinge in diesem Fall drei?
Beim ersten Mal wies ich darauf hin, dass Beardyman weniger ein Musiker, als ein Performancekünstler ist. Man konnte seine Auftritte als Comedy mit improvisierten Musikeinlagen verstehen. Besonderheit war ein breites Repertoire an interaktiven Publikumsbespaßungen wie die beliebten „Inverse Drum’n’Bass Musical Statues“. Oder auch fröhliche Mashups zweier von Gästen bestimmter, üblicherweise gänzlich unverwandter Musikgenres (beispielsweise Raggae und Gabber), aus denen der Künstler anschließend einen Track schusterte. Das war nicht immer besonders hörbar, aber definitiv beeindruckend und hochgradig unterhaltsam.
Beim zweiten Konzert gab’s dann ein paar Spielchen weniger, dafür aber unter anderem improvisierte Coverversionen bekannter Musikstücke. Dadurch hatten auch Leute wie ich etwas davon, die sich keine Platten von Beardyman kaufen würden, sondern ihn der Live-Performance wegen schätzen.
Nun beim dritten Mal sind die Spiele komplett aus dem Programm verschwunden und der Genre-Spieltrieb im Vergleich zu früher sehr zurückgenommen. Ich habe den Eindruck, Beardyman entwickelt sich langsam zu einem veritablen Elektro-Musiker, nur dass seine Stücke eben nicht vom Plattenteller kommen, sondern nach wie vor aus seiner von einem überdimensionierten Effektgerätepark modulierten Stimme.
Natürlich macht er noch seine Faxen. Insbesondere zu Beginn des Konzerts war das für meinen Geschmack auch ziemlich anstrengend. Es wurden wilde Stücke in Layern aufgebaut, bevor sie nach ein bis zwei Minuten wieder verworfen und ein anderes Stück begonnen wurde. Da waren zwar ein paar gefällige Perlen dabei, aber gerade wenn ich mich eingegroovt hatte, ging es mit was anderem weiter. In diesen Momenten verfluchte ich Beardyman dafür, warum er nicht mal einen Moment innehalten und ein Stück länger wirken lassen konnte.
Entweder konnte er meine Gedanken lesen, oder nach einer halben Stunde setzte die Wirkung von was auch immer ein, das er möglicherweise vor Konzerten einwirft, um diese Unmenge an Kreativität aufzufahren. Auf jeden Fall wurde es danach fokussierter und die Stücke wesentlich länger. Beardyman spielte die folgenden zwei Stunden ziemlich durchgehend ein tanzbares Set, das aber auch nicht ewig gleich klang, sondern nach wie vor abwechslungsreiche Beats lieferte.
Kurz nach Mitternacht muss dann sein immer mitreisender Tripsitter Tourmanager Pete (der bärtige Herr links im Bild) ihn vorsichtig am T-Shirt zuppeln, damit er wieder runterkommt. Und mit einem knappen „Thank you, bye“ mitten im Stück ist dann auch Feierabend. Eine kurze Gesangseinlage mit dem Versprechen wiederzukommen, Selfies mit ein paar Gästen, Abgang, Licht an. Nach den fast drei Stunden kann ich es ihm aber auch nicht verübeln, keine Zugabe zu spielen.
Fazit
Unterhaltsam ist Beardyman zwar immer noch, aber mittlerweile frickelt er wesentlich mehr an seinen Effektgeräten als dass er seine humorvollen Unterhalterqualitäten unter Beweis stellt. Gut, wenn man tanzen will, etwas enttäuschend, wenn man die witzigen Dialoge mit dem Publikum von früher vermisst. Ich denke, ich werd’s bei drei Malen belassen.