Ein Clubkonzert mit dem Subtitel „Hautnah“ – und das in einem Fußballstadion? Eigenartige Location dachte ich mir, und befürchtete schon, es könnte sich auch noch um eine Open-Air-Veranstaltung handeln, und das im Februar. Ganz so wahnsinnig kann Wallis Bird doch nicht sein, oder?
Und ganz so dicke kam’s dann glücklicherweise in der Tat nicht. Die Alte Försterei, üblicherweise das Stadion, in dem Union Berlin seine Heimspiele austrägt, verfügt für Veranstaltungen über einige Lounges. Und die haben Wallis Bird wohl so gut gefallen, dass sie sich dachte, „hier spiele ich mal“. Kann ja letztlich auch nicht jeder von sich behaupten, schonmal ein Konzert in einem Stadion gegeben zu haben. Es könnte sogar sein, dass das (abgesehen vom alljährlichen Weihnachtssingen) das erste Konzert überhaupt in der Alten Försterei war.
Ohne Vorband ging’s dann auch gleich los. Da die Bühne für ihre üblicherweise fünfköpfige Band viel zu klein gewesen wäre, trat sie diesmal nur zu zweit mit ihrem Multifunktions-Sidekick Aidan auf. Dass das Fehlen einer Band der Stimmung, die sie zu verbreiten weiß, keinen Abbruch tun muss, weiß ich schon seit meinem ersten Kontakt mit ihr. Und so schmetterte sie ihre Lieder auch in gewohnter Inbrunst ins Publikum, dass es eine Freude war, ihr dabei zuzuschauen.
Allerdings schienen das nicht alle Gäste so zu sehen. Das im Vergleich zum letzten Mal erstaunlich gesetzte Publikum machte teilweise nicht den Eindruck, als wären sie des Konzerts wegen gekommen. Aus dem Bereich der Bar war konstantes Geplapper zu hören, das insbesondere in ruhigen Passagen sehr störte. Wallis versuchte das weitgehend dadurch zu kompensieren, indem sie ihre kraftvolleren Stücke wie den Kracher „Encore“ spielte und auf Balladen weitgehend verzichtete. Ihr Versuch, dem Konzert etwas „Hautnähe“ zu geben, indem sie inmitten des Publikums ein Stück unplugged zum Besten gab, war so aufgrund kaum hörbarer Gitarre auf eine a-capella-Interpretation von „I can be your Man“ beschränkt.
Außerdem hatte ich den Eindruck, als wären die meisten Herren nur hier, weil sie von ihren Freundinnen dazu überredet wurden. Hinter jeder fünften springenden, klatschenden und mitsingenden Frau stand wie ein Fels in der Brandung ein etwas größerer, regungsloser Mann, der mit einer Mischung aus Respekt und Fremdscham beobachtete, wie sich diese energische Frau auf der Bühne verausgabt. Nach etwa zwei Stunden waren die Saiten fast aller Gitarren verschlissen und Wallis verabschiedete sich schweißgebadet, aber mit seligem Gesichtsausdruck in die Kabinen.
Fazit
Man kann’s nicht der Künstlerin anlasten, aber der Geräuschpegel und die schlechte Akustik des Raums trübten den Gesamteindruck dann leider doch ein wenig. Für Tagungen oder Feiern ist das sicherlich eine sehr schöne Location, aber Konzerte sollte man in der Alten Försterei lieber lassen.